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Patenberichte

1. Patenbericht

Hat man einen Plan, oder will man Plan haben?

Es ist noch kein Jahr her, da gab es in unserem Dorf und in unser näheren und weiteren Nachbarschaft Jugendliche, die wohl keinen Plan hatten und schon gar keine Pläne, Justament zur Hochzeit dieser Planlosigkeit gab es in unserem Ort ein Fest auf dem Marktplatz, genannt „Jedermannfest“. Dies war ein Fest, auf dem sich Vereine und Organisationen unseres Ortes mit ihren Taten und mit ihrem Rat vorstellten. Und dort trafen wir auch auf eine Gruppe, die kriminalpräventiv arbeitet. Das wäre also doch eine Möglichkeit, sich Rat und Plan bezüglich dieser „planlosen“ Jugendlichen zu holen. Also suchten wir das Gespräch mit den ehrenamtlichen Mitarbeitern dieser Gruppe. Es folgte ein intensives und gutes Gespräch. Ergebnis war, dass wir über diese Gruppe „Plan haben“ intensiver nachdachten. „Plan haben“ ist eine Gruppe die sich aus ehrenamtlichen Mitarbeitern zusammensetzt, die hauptberuflich bei der örtlichen Polizei, dem Jugendamt, den Kirchen und der Schule tätig sind. Es geht darum, dass man auffällig gewordenen Kindern und Jugendlichen eine andere oder überhaupt eine Perspektive gibt oder auch nur aufzeigt oder vorlebt. Dies natürlich immer in Zusammenarbeit mit den Eltern oder Elternteile. Ganz salopp gesagt geht es darum, den Brunnen zu schließen, bevor ein Kind oder Jugendlicher überhaupt merkt, dass man da auch mal reinfallen kann. Dies wird durch die Vermittlung und Übernahme einer Patenschaft versucht.
Nach reiflichen Überlegungen beschlossen wir dort mitzumachen und auch die Verantwortung einer Patenschaft zu tragen. Dies gilt insbesondere für mich selbst, da nur eine Person Pate werden kann. Die Entscheidung musste natürlich auch mit meiner Ehefrau abgesprochen werden, da sie ja letztendlich auch tangiert.
Ein Patenkind war schnell gefunden, und wir beide wussten, dass es da jemanden gab, aber nicht wer. Bis zum ersten Treffen dauerte es nun leider aus organisatorischen Gründen sehr lange, fast zu lange. Aber daran arbeiten wir jetzt. Dann kam es zu diesem ersten Kennenlernen. Ich kann nur sagen, dass ich mit meinen 60 Jahren fast so aufgeregt war, wie damals beim Abitur oder beim Staatsexamen. Ich wusste nur, dass es sich um einen 8 jährigen Jungen handeln würde, der seit der Trennung der Eltern Probleme hat, aber wer hat die in diesem Alter nicht, wenn so etwas einschneidendes geschieht.
Dann kam der Tag, Treffpunkt neutraler Bodern, Gemeinschaftsschule. Man war ich alter Sack nervös. Und dann stand er vor mir, ein kleiner frecher Kerl, mit blitzenden ganz lieben braunen Augen und dunklem Haar und schaute an mir, 1,96 groß, hoch und sagte: „Moin“. Ein fettes Grinsen ging über sein Gesicht aber er suchte auch gleich die Nähe seiner Mutter. Nach einem kurzen vorstellenden Gespräch im Beisein von zwei Kernmitgliedern von „Plan haben“ ging sofort ab in die Eingangshalle der Schule um ein paar Runden Tischkicker zu spielen, nun wir zwei allein. Mein erstes Tischkickern nach fast 30 Jahren. Jetzt bloß nicht verlieren, sonst hast du gleich verloren, dachte ich. Mein Vorhaben klappte richtig gut, aber auch mein Patenkind sollte mal gewinnen. Auch dass war machbar. Wir beide hatten richtig viel Spaß gehabt. Diese ersten Minuten kann man, so glaube ich umschreiben mit wenigen Worten, nämlich mit: „gesehen, beobachtet und gemocht“: Vielleicht liegt es auch daran, dass wir beide unter dem gleichen Sternzeichen geboren worden sind. Schnell war ein ernstes alleiniges Treffen geplant, Geburtstagseisessen, weil nämlich unser Geburtstag gerade erst man ein paar Wochen her war. In der Eisdiele lernten wir uns dann ganz locker bei einer großen Portion Stratiatellaeis näher kennen. Von nun an trafen wir uns einmal pro Woche für ca. eine Stunde. Immer hatten wir etwas vor. Das ging von den verschiedenen Spielplatzbesuchen über Entenfüttern, Baumsuchen und –erklären, Circusbesuchen, bei schlechtem Wetter auch mal wieder Tischkickern – welches wir mit Vorliebe und wahrer Begeisterung machten, manchmal spielten wir sogar mit 5 Bällen auf einmal, bis hin zu ganz ruhigen Spaziergängen bei denen sich auch mal nur unterhalten wurde. Es ging so schnell, bis wir zwei uns auf unsere Stunde an unserem Tag freuten. Das ist jetzt nicht so daher gesagt, sondern das ist wirklich so, dass spürt man.
Nach einer gewissen Zeit, stand für uns fest, das wir zusammenbleiben- egal was auch passiert. Ein Treffen mit unseren beiden „Plan haben“ Begleiter, dass nach einer gewissen Probezeit ein musste, war eigentlich nur noch eine Formsache. Bei diesem Treffen wurde dann der „Plan haben Ehrenvertrag“ beschlossen und besiegelt. Und seit dieser Zeit wird unser wöchentliches Treffen auch mal auf eine längere Zeit ausgedehnt. Und wir haben noch viel ganz viel „Pläne“ und immer viel ganz viel vor.
Das noch positivere ist, dass sich unsere Familienmitglieder, egal, ob es jetzt meiner Ehefrau oder die Mutter oder die Schwester meines Patenkindes oder sogar unser Airdailterrier „Randolph“ richtig gut miteinander verstehen.
Das Allerbeste jedoch ist, dass, bedingt durch die Patenschaft, Verhalten meines kleinen frechen braunäugigen Knirpses sehr zum Vorteil verändert hat. Und das höre ich nicht nur von der Schule, sondern auch von seiner privaten Umgebung.
Fazit ist also doch, dass es besser ist vorher den Brunnen zu schließen. Vielleicht wäre es ja sogar besser dass man erst gar nicht solche Brunnen aufstellen würde.
Wobei gute Brunnen an sich doch sehr wichtig waren und sind, denn sie waren und sind in vielen Regionen der Welt ein Wasserreservoir und „Wasser ist leben“.
So, soviel fürs erste, Fortsetzung folgt, ist versprochen, wobei man sich auch mal versprechen kann. Ich selbst kann aber nichts garantieren.